Wir starten mit einem Sprung. Er bringt uns zu einem Thema*, an dem wir das Semester hindurch konzeptionell und konkret arbeiten. Der Sprung zeigt uns etwas über Haltung und Risiko in der Gestaltung. Er nimmt Begriffe° und Tools^ mit, die wir in Vorlesungen und Workshops erarbeiten. An ihm sehen wir, dass die Ziele die Mittel bestimmen, egal ob in analogen oder digitalen Medien. Der Sprung provoziert Diskussionen über gestalterische Strategien, über Argumentation und Reflektion in Architektur und Design. Er verlangt Offenheit, Engagement und Teamwork – Skills, die wir auf einer Exkursion˘˜ einüben.
Der Sprung in ein Thema steht am Anfang jedes Projektes der Architektur und des Design. Er schließt mit der Dokumentation des gesamten Prozesses in Blog, Ausstellung und Publikation ab.
www.2g.abk-stuttgart.de
* das Thema für WS 2013/14: [DE]MASKIEREN
° Konzept, Funktion, Kontext, Bedeutung, Neue, Aufmerksamkeit, Ordnung, Subversion, Post-Media
^ Zeichnen, Bildbearbeitung, Modellbau, Layout, 3D, Animation
˘˜ nach BRNO
AUFGABEN
1. Stripped Package
Zunächst sucht sich jedes Team zwei verschiedene Packungen des gleichen Produkts (z.B. eine Kaugummi-Packung aus Wien und eine aus Brno, nicht zu gross, aber bunt und überfüllt). Nachdem klar ist, was die Kernaussage und Message dieser Hüllen sind, sollen beide bis zum Kern, bis aufs Wesentliche ihrer Form reduziert werden. Strip meint in diesem Sinn, die Enthüllung und Demaskierung der Verpackungen. Er kann die Reduktion der Materialien, Formen, Abbildungen, Ornamente und Typografien beinhalten. Nach diesem Demaskierungsprozess sollen die Verpackungen in ihrer reduzierten Form als hyper-realistisches 1:1 Modell nachgebaut werden.
2. Animated Wallpaper
Auf die Demaskierung folgt die Remaskierung in Form von Tapeten, die Innenräume in eine Art Verkleidung stecken. Nicht Papier oder Stoff sind dabei unsere Materialien, sondern digitale Strukturen, Muster und Grafiken. Diese sollen animiert, bewegt und damit zum Leben erweckt werden und an Wände der ABK projiziert bzw. gemappt werden. Wichtig dabei ist, dass die Strukturen räumliche Wirkungen erzielen, Tiefe zeigen, wo keine ist, Kanten erschaffen, wo es keine gibt und Dynamik erzeugen, wo Statik herrscht. Mit Linien, Geometrien, Farbflächen,… sollen in diesem Sinn abstrakte Masken entstehen.
3. Blinking Billboard
Wie Masken funktionieren Billboards oder Leuchtobjekte in der Stadt. Sie sind an oder auf Fassaden angebracht, um Passanten eine Nachricht zu übermitteln. Wir möchten mit unseren Billboards ein Fazit des Semesters ziehen. Jedes Team (er-) findet eine für sie wichtige Aussage, ein Symbol oder Zeichen, das in Zusammenhang mit den Inhalten des Semesters steht. Diese Aussage wird in einem Lichtobjekt, einem Billboard, oder einer Typografie im Raum umgesetzt. Der entwickelte Prototyp soll transportfähig sein, um in einer Ausstellung Platz zu finden.
A. Postkarten Reiseführer
Für die Exkursion gestalten wir einen Reader in Form von einzelnen, gedruckten Postkarten. Jeder und jede übernimmt eine Postkarte mit einem Objekt. Auf der bildlichen Vorderseite wird eine Photocollage entworfen, die das Objekt treffend illustriert. Grüsse, Notizen, Slogans, Rahmen, Herzen, Sterne, Regenbogen,… sind gut, solange sie einen konzeptionellen Sinn ergeben. Auf der Rückseite, rechts, werden die genauen Daten, Adresse, Architekt, Designer, Jahr eingetragen. Links ist Platz für einen kurzen eigenen Text, der das Objekt aus subjektiver Sicht (alles nur kein Copy/Paste) beschreibt.
B. Interviews
Zur Vorbereitung der Entwurfsreihe [DE]MASKIEREN veranstalten wir regelmäßig Interviews mit je zwei Teams, die sich anhand von Texten und eigener Recherche darauf vorbereitet haben. Es geht nicht um das Abfragen von Wissen, sondern um offenen Dialog und Diskussion. Die Teams eines Interviews stellen auch Bildmaterial (digital) bereit.
LITERATUR
1. Moderne [Demaskieren]
• Adolf Loos: Ornament und Verbrechen [1908], in: Adolf Loos. Trotzdem, Adolf Opel, Wien 1982, S.78-104
• Adolf Loos: Die Überflüssigen (Deutsche Werkbund) [1908], in: Adolf Loos. Trotzdem, Adolf Opel, Wien 1982, S.71-73
• Le Corbusier: Vers une architecture [1923], in: Quellentexte zur Architekturtheorie, Fritz Neumeyer, München Berlin London New York 2002, S.390-405
• Le Corbusier: Fünf Punkte zu einer neuen Architektur [1926], Programme und Manifeste zur Architektur des 20. Jahrhunderts, Ulrich Conrads, Braunschweig / Wiesbaden 1981, S.93-95
• Stanislaus von Moos: Die fünf Punkte einer neuen Architektur [1968], in: Le Corbusier. Elemente einer Synthese, Zürich 1968, S.116-143
• Walter Gropius: Programm des staatlichen Bauhauses in Weimar [1919], Programme und Manifeste zur Architektur des 20. Jahrhunderts, Ulrich Conrads, Braunschweig / Wiesbaden 1981, S.47-50
• Walter Gropius: Grundsätze der Bauhausproduktion [1926], Programme und Manifeste zur Architektur des 20. Jahrhunderts, Ulrich Conrads, Braunschweig / Wiesbaden 1981, S.90-91
• Max Bill: Mehrere Aufsätze [1945-1949], in: Max Bill. Funktion und Funktionalismus. Schriften 1945-1988, Jacob Bill, Zürich 2008, S.7-30
• Otl Aicher: Die Küche zum Kochen [1982], München 1982, S.0-24
2. Subversion [Remaskieren]
• Reyner Banham: Design by Choice [1961], London 1981, S.97-107
• Reyner Banham: The Great Gizmo [1965], London 1981, S.108-114
• Alison und Peter Smithson: Italienische Gedanken [1980-1989], Braunschweig / Wiesbaden 1996, S.46-79
• Dune and Raby: Hertzian Tales. Electronic Products, Aesthetic Experience, and Critical Design [2005], Cambridge / Massachusetts 2005, S.XV-XVIII + S.43-63
• Ralph Ball and Maxine Naylor: Interview [2009] in: Contextualising Critical Design: Towards a Taxonomy of Critical Practice in Product Design, Matthew Malpass, Nottingham 2012, S.116-125
3. Post-Moderne [Maskieren]
• Robert Venturi & Denise Scott Brown: Architecture as Signs and Systems [2004], Cambridge / • Massachusetts 2004, S. 1-40
• Robert Venturi & Denise Scott Brown & Steven Izenour: Lernen von Las Vegas [1978], Braunschweig / Wiesbaden 1979, S. 1-87
• Kevin Lynch: Das Bild der Stadt [1960], Braunschweig / Wiesbaden 1989, S. 1-24
• Barbara Radice: MEMPHIS [1984], München 1988, S.11-16 + S.23-29 + S.141-149 + S.173-179