Ein Sprung bringt uns in diesem Semester zum Thema 3½D. Wir beschäftigen uns mit Möglichkeit und Unmöglichkeit der Illusion. Den Auftakt bildet ein Workshop in Kooperation mit Textildesign, bei dem es um die Darstellung von dreidimensionalem Raum im zweidimensionalen Ornament geht. Dabei lesen wir die seriellen und rekursiven Strukturen des Ornaments als Ausdehnung in der Zeit. Sie werden uns im Entwurf weiterbeschäftigen. Dieser versucht, den bekannten Text „Unsichtbare Städte“ (1977) des italienischen Autors Italo Calvino in Pläne, Objekte und Modelle zu übersetzen. Calvinos Erzählung ist als seriell-rekursive Komposition eines schwarzen Utopias zu lesen: Die beschriebenen fünfundfünfzig fiktiven Städte, die sich in elf Subserien gliedern, bilden zusammen die desillusionierende Illusion einer Stadt, die dem kapitalistischen Wachstum unterworfen ist. Marco Polo, der Erzähler der unsichtbaren Städte, identifiziert die Illusion mit Venedig – unser Exkursionsziel in 3½D.
AUFGABEN
1. Katalog 3 1/2 D
Jede Gruppe wählt sich einen der elf Stadttypen in Calvions Roman aus, um diesen zunächst anhand von Bildern, Bauten, Objekten, Filmsequenzen, realen Städten, Idealstadtmodellen etc. vorzustellen (15 min.).
Ausgehend von gemeinsamen Diskussionen und einer gemeinsamen These erarbeiten alle Gruppenmitglieder einen eigenen Text (mit Bildern), der jeweils unterschiedliche Aspekte, Eigenschaften, Interpretationen einer der unsichtbaren Städte diskutiert und der als konzeptionelle Grundlage für den Entwurf dient (mind. 500 Wörter, selbstformuliert, Bilder).
2. Modelle 3 1/2 D
Aus den Texten und der darin enthaltenen These entwickelt jede Gruppe ein physisches Modell auf einer Fläche von 60 x 60 cm und zugehörige Pläne (Grundriss, vier Ansichten, Schnitt und gegebenenfalls Collagen, Videos, Gifs, etc.). Die Modelle werden auf MDF-Sockeln (mit Rollen) beim Sommerfest ausgestellt.
LITERATUR
• Italo Calvino: Die Unsichtbaren Städte, ital. Ausgabe 1972, 1999
• Matilda McQuaid: Visionen und Utopien, 2003
• Michael Hardt, Antonio Negri: Empire. Die neue Weltordnung, 2002.
• Boris Groys: Die Stadt im Zeitalter ihrer touristischen Reproduzierbarkeit, 2004
• http://www.eurozine.com/articles/2004-08-18-groys-de.html