Cut-up WS 14/15

Man kann die Fragmentierung von Form, die Zerteilung von Struktur und die Brechung von Sinn im englischen Begriff des Cut-up zusammenfassen. Als künstlerisches Verfahren reicht Cut-up bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts zurück, steht jedoch bis heute für den Angriff auf gesellschaftliche, politische und ästhetische Realitäten, die als unterdrückend wahrgenommen werden. Ziel von Cut-up ist die Entlarvung von Sehkonventionen, von Denkmustern und den dahinter liegenden gesellschaftlichen Dispositiven. Wir untersuchen Cut-up als experimentelle Methode eines kollaborativen und prozessualen Werkbegriffs, als bildliche Techniken der Collage (Max Ernst), als textliche Verfahren der zufälligen Neuanordnung (Brion Gysin) und als räumliche Überlagerung in der Stadt (Colin Rowe, Fred Koetter). In Aufgaben, die von 2D zu 3D und von Analog zu Digital übergehen, eignen wir uns diese Verfahren an und erweitern sie. Ziel ist es, eigenartige Wohnorte und Wohnzeiten zu entwickeln.

 

AUFGABEN
1. Cut-up als Methode – Einführung
Collagieren Sie das Haus, in dem Sie leben möchten mit einer Pixelgröße von 2480×3508, 300 dpi A4. Verwenden Sie nur fotografische Elemente und ordnen Sie diese so an, dass Innen und Außen, Oben und Unten durcheinander geraten. Fügen Sie ein Haustier ein. Medien: Fotografie, Programm: Photoshop

 
2. Cut-up bevor Cut-up – Andrea Palladio
Finden und dokumentieren Sie auf der Exkursion nach Venedig „Cut-ups“, in denen Geschichte und Gegenwart, Alt und Neu, Einheimisch und Touristisch aufeinandertreffen. Beschreiben Sie alle Fundstücke in einem Satz und layouten Sie ein Poster in A1. Ein Tier muss abgebildet sein. Medien: Fotografie, Programme: Photoshop, Indesign

 
3. Cut-up und Text – Brion Gysin
Schreiben Sie Ihren eigenen konzeptionellen Cut-up Kommentartext mit 100 Wörtern, indem Sie eigene Gedanken mit Textteilen aus den Medien (Zeitung, TV, Werbung) und der Vorlesung kombinieren. Achten Sie darauf, dass es nicht um die Zerstörung, sondern um die Störung von Sinn geht. Fertigen Sie mithilfe von Photoshop und der Collage von Aufgabe 1 ein animiertes Gif an, das zudem ein Tier enthält. Medien: Gif, Programme: Photoshop, Indesign

 

4. Workshop Mythos + Strahlen mit Klasse Textilgestaltung – Max Ernst
 

5. Cut-up und Raum – Collage City
Entwickeln Sie ein präzises, jedoch abstraktes Guckkasten-Bühnenmodell zu Aufgabe 1 im Maßstab 1:50. Das Modell soll mindestens ein „ready made“ aus Venedig (Souvenir, Kiesel, Bonbon, etc.) und ein Tier enthalten. Wichtig ist dabei die fotografische Dokumentation der Arbeit. Medien: Graupappe, verschiedenes, Technik: Lasercut, Schneideplot
 

LITERATUR
• William Burroughs: Naked Lunch (1959)
• William Burroughs: The Wild Boys: A Book Of The Dead (1971)
• Brion Gysin: First Cut-Ups, Minutes to Go, Cut Me Up, Brion Gysin, Cut Me Up, Brion Gysin, Cut Me In, in: Minutes to Go (1960)
• Rowe, Colin + Koetter, Fred: Collage City, MIT Press, Cambridge 1978
• Cooper, Tracy Elizabeth: Palladio‘s Venice: Architecture and Society in a Renaissance Republic, Yale University Press, Yale 2006
• Sigrid Fahrer: Cut-up: Eine literarische Medienguerilla, Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2009
• Kuri, José, ed. Brion Gysin: Tuning in to the Multimedia Age. London: Thames & Hudson, 2003
• Werner Spies (Hrsg.): Max Ernst. Collagen. Inventar und Widerspruch. DuMont, Köln 1988